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Die Quechua sind ein Ackerbauernvolk im bolivianischen Hochland. Jedes Jahr im Mai versammeln sich Tausende von ihnen in der Ortschaft Macha, etwa 150 Kilometer von der Hauptstadt Sucre entfernt. Hier findet eines der spektakulärsten und härtesten Rituale Lateinamerikas statt: das Tinku. In mehr als 4.000 Meter Höhe trifft die Anthropologin Anne-Sylvie Malbrancke die Kallengeras, eine rund 60 Seelen zählende Quechua-Gemeinschaft. Der 34-jährige Landwirt Augustino nimmt dieses Jahr an seinem 15. Tinku teil. Dafür wird er sich einen todesmutigen Kampf mit den Männern der Nachbardörfer liefern. Das Tinku ist ein Fruchtbarkeitsritual in Form eines heftigen Kampfes. Das vergossene Blut gilt als Nahrung für die Erdgöttin Pachamama, die so für gute Ernten, fruchtbare Ehegattinnen und große Lama-Herden sorgt. Das Ritual ist ein direktes Erbe der Inkas, die vor mehr als 500 Jahren über dieses Gebiet herrschten. Schon damals wurden Zweikämpfe veranstaltet, um das Blut fließen zu lassen und die Göttin Pachamama zu „befruchten“. Dutzende von Dorfgemeinschaften aus allen Ecken von Altiplano kommen zur Eröffnungszeremonie des Tinku herbei. Alle sind Pachamamas Aufruf gefolgt, haben ihre traditionellen Kostüme angelegt und sich zu Fuß auf den Weg gemacht. Im Stadtzentrum von Macha drängen sich mehr als 8.000 Menschen zusammen. Sie alle machen vor der Kirche halt, um den Turm mit dem lokalen Bier Chicha zu begießen – ebenfalls als Teil des Fruchtbarkeitskults. Die Gemüter erhitzen sich, als die Kämpfe beginnen. Zwei bis drei Tage lang werden Augustino und die Männer tanzen, singen und trinken bis zum Umfallen – und vor allem kämpfen bis aufs Blut