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Alkohol zu trinken, ist in den frühen Jahren der USA ebenso uramerikanisch wie der Verzehr von Apple Pie. Allerdings verbraucht ein über 15-jähriger Durchschnittsamerikaner um 1830 fast 26,5 Liter reinen Alkohol pro Jahr – dreimal mehr als heutzutage. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts steigt die Bevölkerung der USA durch Einwanderung enorm an. Die Neuankömmlinge bringen ihre eigenen Trinkgewohnheiten aus Irland, Deutschland, Italien und anderen Ländern mit. Für viele arme Einwanderer wird der Saloon quasi zum Wohnzimmer. Hier finden sie Gesellschaft, vertrinken ihren Lohn, geben ihr Geld bei Prostituierten aus, treten sturzbetrunken den Nachhauseweg an und werden zur öffentlichen Gefahr. Zahlreiche Frauen fühlen sich moralisch verpflichtet, ihre Familien vor den Schäden durch Alkoholismus zu bewahren. 1873 schließt sich in der Kleinstadt Hillsboro in Ohio eine Gruppe von Frauen zusammen, um zur Abstinenz aufzurufen. In einem radikalen Akt zivilen Ungehorsams blockieren sie überall im Land die Eingänge von Saloons und Kneipen. Aber um die Jahrhundertwende kommen Zweifel auf, dass die Bemühungen um freiwilligen Alkoholverzicht auf Dauer erfolgreich sein könnten. Ebenfalls in Ohio entsteht die Anti-Saloon League (ASL), die sich nun für ein landesweites Alkoholverbot unter dem Namen Prohibition starkmacht, und zwar in Form eines Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten. Denn bisher ist kein Verfassungszusatz in den USA je aufgehoben worden. Unter Führung des rabiaten Wayne Wheeler steigt die ASL zur erfolgreichsten Lobbyorganisation in der amerikanischen Geschichte auf. Sie gewinnt die Macht, Politiker zu Fall zu bringen, die sich gegen die Prohibition aussprechen. Durch die Ratifizierung der Einkommenssteuernovelle ist die Regierung ab 1913 nicht mehr auf die Alkoholsteuer als Finanzierungsquelle ihrer Politik angewiesen – Anlass für die ASL, ihre Bestrebungen zu verstärken. Im Zusammenhang mit dem Aufkommen antideutscher Ressentiments beim Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg gelingt es der ASL-Propaganda zusätzlich, Bier und Brauereien im öffentlichen Bewusstsein mit Deutschland und Verrat gleichzusetzen. Die meisten Politiker wagen nicht, die Stimme gegen die ASL zu erheben, und 1917 passiert der Zusatzartikel zur Verfassung problemlos beide Häuser des Kongresses und wird nach nur 13 Monaten Debatte ratifiziert. Als das Gesetz am 17. Januar 1920 eine Minute nach Mitternacht in Kraft tritt, können die Verfechter der Prohibition endlich triumphieren: Amerika ist nun offiziell und – wie sie hoffen – unwiderruflich „trocken gelegt“. Doch schon bald regt sich Widerstand