Für einen sicheren Internetzugang ist eine kurze Anpassung notwendig.
„Geh ins Gas“ oder „Bist du überhaupt ein Mensch, falls ja bitte nicht fortpflanzen“. Tausende Kommentare dieser Art liest Rainer Winkler jeden Tag. Im Internet wird der junge Mann aus Altschauerberg gehasst, weil er anders ist, und das in seinen Videos im Internet zeigt. Seit fünf Jahren geht das so und daraus ist eine Art Spiel geworden. Die sogenannten Hater lassen sich immer neue Tabubrüche einfallen, um den Youtuber fertig zu machen. In seinem Namen wurden Chemikalien zum Bau von Bomben bestellt, ein Großalarm der Feuerwehr ausgelöst, er wird Zuhause belästigt und bis zur Weißglut gereizt. Wie kommt man auf die Idee, einzelne Menschen im Internet lächerlich zu machen? Warum werden hunderte, tausende Kommentare geschrieben, Videos produziert, ganze Computerspiele entworfen, um die Existenz eines Menschen zu zerstören? Woher kommt die Lust am Cybermobbing? „Dorian der Übermensch“ ist ein Star der sogenannten Hater-Szene. „Amüsant“, findet er sein Treiben: „Da find ich jetzt auch nichts Verwerfliches dran.“ In der Radio-Bremen-Reportage „Hass ist ihr Hobby“ taucht „Rabiat“-Reporter Dennis Leiffels tief ein in die bizarre Welt des Cybermobbing: Er spricht mit Tätern und Opfern, macht sich selbst zur Zielscheibe des Hasses. Ist das Internet tatsächlich ein rechtsfreier Raum? Nein, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Goger von der Bamberger Zentralstelle für Cybercrime: „So anonym, wie viele Leute glauben, ist das Internet ja nicht. Jeder Täter hinterlässt irgendwelche Spuren.“ Tatsächlich? Gibt es wirklich Schutz vor Mobbingattacken? Tausende sogenannter Hater vergnügen sich dabei, aus der eigenen Anonymität heraus oft zufällige Opfer zu piesacken. „Meistens sind das normale Menschen“, sagt Luca Hammer, der die Hater-Szene seit Jahren beobachtet. Was treibt diese „normalen Menschen“ um? Und wie leben die Opfer? Katrina Reichert setzt sich für die Rechte Transsexueller ein. „Man sollte Dich vergasen“ – solche Kommentare sind schon fast Alltag für sie. Aber seit ihre Adresse veröffentlicht wurde, schläft sie nur noch mit einer Waffe unterm Kopfkissen. „Einige der Morddrohungen nehme ich ernst.“ Im beschaulichen Altschauerberg in der Nähe von Nürnberg erleben die gut 40 Bewohner Tag für Tag schieren Psychoterror. Inmitten des Dorfes lebt Rainer Winkler, im Internet nennt er sich „Drachenlord“. Für die Hater ist er ein perfektes Opfer. Und mit ihm alle Dorfbewohner. Täglich pilgern Hater nach Altschauerberg, fahren oft Stunden, um zu provozieren, Häuserwände zu beschmieren, Böller zu zünden, was dann wieder neue „humoristische“ Videos hervorbringt. Die Nachbarn werden in das „Drachengame“ gezogen – und sind verzweifelt. „Man geht einfach in einer Wut da raus, will es beenden, kann aber nichts erreichen.“ Thomas Schweighöfer hat seine Stellung verloren und ist in therapeutischer Behandlung, der Betreiber eines örtlichen Restaurants hat Nervenzusammenbrüche hinter sich. Ob die Opfer von Cybermobbing tatsächlich alleine gelassen werden, überprüft Dennis Leiffels am eigenen Leib. Eine Äußerung auf Twitter genügt, um 1.500 Reaktionen aus der Hater-Szene zu provozieren: Beleidigungen, Verunglimpfungen, massive Versuche, sein Leben zu zerstören. Die zuständige Staatsanwaltschaft rät zur Anzeige. Nach wenigen Wochen bekommt er schon Post: „Die Ermittlungen sind eingestellt.“